Architekten waren seit dem Mittelalter zuständig auch für kurzzeitige Umgestaltungen von Stadträumen, die für bestimmte, begrenzte Zwecke von den auftragserteilenden Fürsten verlangt wurden. Die Strassen für die triumphale Rückkehr vom Kriegszug, der Einzug eines Papstes in Rom oder der Empfang einer königlichen Person wurden aufwändig geschmückt durch prächtige Torportale, architektonische Kulissen und Bauelemente wie Säulen, Girlanden etc., die für solche kurzfristigen Gelegenheiten aus „Holz, Stoff & Pappe“ entworfen wurden. Im Barock wurden tagelange repräsentative Feste veranstaltet und hierfür weitläufige theaterartige Stätten entworfen. Im 18. / 19. Jahrhundert wurde diese fürstliche Art von Festen vom Bürgertum aufgegriffen und erhielten dadurch mancherorts einen frühdemokratischen Akzent; Feste wie das „Lübecker Volksfest“ oder die „Cannstätter Wasen“ in Stuttgart (Deutschland) mit der sogenannten „Fruchtsäule“ des klassizistischen Architekten Friedrich von Thouret legen hiervon bis heute Zeugnis ab. Solch befristete Aufgabenstellungen ‒ „Festarchitektur“ genannt ‒ findet sich heutzutage auch auf jeder Messe, bei Freiluftkonzerten, Weihnachtsmärkten und ähnlichen Gelegenheiten. Diese sich verflüchtigenden (= ephemeren6) Bauten und Räume mit ihren populären Veranstaltungsformaten unterstützen das Stadtleben und sind oft Höhepunkte im „kulturellen Kalender“ dieser Orte.
Abgesehen von solchen besonderen, temporären Stadtereignissen und Stadtfesten ist in den letzten Jahren auch eine „aktionistische“, „ephemere Stadtplanung“ entstanden, die mit kurzzeitigen Eingriffen baulicher und aktionistischer Art Stadträume nutzt, um mittels ungewohnter Perspektiven und Aktivitäten auf städtische Räume und soziokulturelle Potenziale in der Stadt einzuwirken und diese zu unterstützen. Die so entstehende Aufmerksamkeit durch Zwischennutzungen, temporäre Objekte etc. bietet die Chance, Entwicklungsimpulse zu initiieren und hierüber neue Stadterfahrungen zu machen und andere Perspektiven zu gewinnen. Letztlich nutzt jeder „flash mob“ den öffentlichen Raum für seine „spontane“ Aktion und Anliegen und bedeutet einen „momentanen Eingriff“ in das Stadtgeschehen, um Irritationen oder ggf. längerfristige Ziele zu befördern. Hierzu gibt es weniger oder besser geeignete Räume in einer Stadt, um der Intervention maximale Wirkung zu geben. D.h. ephemere, zeitlich begrenzte Planungen und Raumkonstellationen erfordern spezielle Orts- und Situationsanalysen, um die zeitabhängigen Potenziale für eine erfolgversprechende Interaktion, Intervention oder begrenzte Umnutzung vorab abzuschätzen.
Quellenhinweis:
Alfaro d‘Alençon, Paola / Bauerfeind, Bettina / Konrad, Daniela (Hrsg.): Ephemere Stadtentwicklung. Neue Handlungsspielräume in der Planungskultur. Handbuch und Planungshilfe; Berlin 2017
Architekten von ephemeren Projekten, z.B.: Berlin Urban Catalyst Studio (www.urbancatalyst-studio.de)
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6: ephemer: flüchtig, momentan, temporär, nur kurze Zeit bestehend