Bei der analytischen Tätigkeit müssen wir uns immer wieder (…‘mal) vor Augen halten, dass die hier erläuternden Untersuchungsmethoden auf inhaltlichen und begrifflich vorgenommenen Einschränkungen (der „Wirklichkeit“) beruhen. Die komplexen städtebaulichen Inhalte werden bei einer Analyse bewusst reduziert auf einige wesentliche Themenkreise und „analysierbare“ Sachverhalte, wie hier auf „Stadt-Bausteine, Ordnungsfaktoren, Gestalt-Merkmale“, die „Orts- und Zeitparameter“. Darauf wird hier nochmals – wie in dem BAM-Einführungstext (siehe BAM - Allgemeiner Einführungstext zum Gesamt-BAM „ERKUNDUNG“) – hingewiesen, um Sie zu motivieren und zu ermuntern damit „kritisch“ umzugehen und – weil es ja Analyse-Konstrukte oder Analyse-Werkzeuge sind – somit die Freiheit besteht, dies „Werkzeug“ weiter zu entwickeln, und es an die jeweilige Aufgabenstellung anzupassen.
Auch so anscheinend „Klares“ wie die Begrifflichkeit der „Stadt-Bausteine“ ist Ergebnis einer bewusst gewählten Arbeitsperspektive, die immer wieder „befragt“ werden muss. Eine Stadt lässt sich „real“ eigentlich nicht „wie bei einem Spiel aus Bausteinen“ zusammensetzen; insofern ist die Begrifflichkeit verführerisch vereinfachend. Damit würde man die urbane Realität und die (vielfältigen politischen, sozialen, kulturellen und ökonomischen) Prozesse und geschichtlichen Bindungen verkennen und die städtebaulich-architektonischen wie auch stadtplanerischen Einwirkungsmöglichkeiten51 überschätzen.
Aldo Rossi ist als Theoretiker (und als namhafter Architekt!?!) zuversichtlicher bzgl. der „architektonisch-räumlichen Einwirkungen“ auf die Stadt. Er beschreibt in seiner Stadtbautheorie „Die Architektur der Stadt“ das typologische Ineinandergreifen von Gestalt und Funktion bei den wichtigen Gebäuden („Monumenten“) im Verlauf der Geschichte einer Stadt. Er betont, dass selbst wenn die ursprüngliche Funktion verloschen ist, die Bedeutung der (architektonischen) Gestalt solcher meist stadt-konstituierender Bauwerke weiterhin erhalten und stadt-bedeutsam bleibt52, möglicherweise auch mit einem anderen inhaltlichen Sinne. Dies mag zum Schluss dieses Abschnitts 3.4 „Stadtgestalt“ und über Stadtgestaltung die deutliche Schwerpunktbildung bei den städtebaulich-räumlichen Methoden der Stadt-Erkundung (gegenüber denen des „Stadtgebrauchs“ 3.3) als legitim, vertretbar und als praktisch erscheinen lassen.
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51: Jedoch z.B. die utopische Konzeptionsidee der „Bandstadt“ war ein Stadt-Modell, das sich entlang der Verkehrswege erstrecken sollte, und damit als urbane, „unendlich ausbaubare“ Grosstruktur die Grosstadtprobleme inklusive ihres Wachstums „lösen“ wollte; sie ist in Teilen sogar umgesetzt worden z.B. in der Sowjetunion; siehe N. A. Miljutin (1992); u.a. von Ernst May.
52: Aldo Rossi (1975), S. 45