Aus dem zuvor geschilderten breiten Verständnis einer Stadt als „kulturellem Handlungsraum“ ist ersichtlich, dass nicht nur Architekten, Ingenieure und Stadtplaner sich mit der Stadt befassen, sondern viele andere Disziplinen die Stadt als Thema und Arbeitsfeld bearbeiten. Die folgende „Stadtdefinition” des Soziologen Robert E. Park (einer der Gründer der School of Chicago) von 1915 erweitert die architektonische Stadtbetrachtung und illustriert auf deutliche Weise eine sozialwissenschaftliche Perspektive auf das, was eine Stadt ausmacht:
Die „School of Chicago“ war eine empirische Richtung der neu entstehenden Wissenschaft der Soziologie im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts, die sich mit sozialökologischen Fragen, und die sich als erste mit der Stadt aus soziologischer Sicht (am Beispiel Chicago) befasste.
Eine weitere „School of Chicago“ gibt es auch in der Baugeschichte; die ersten Hochhäuser wurden dort am Ende des 19. Jahrhunderts konzipiert, z.B. von Architekt Louis Sullivan.
Die Soziologen – wie in diesem historischen Zitat – stellten durch ihre systematischen Beschreibungen und Untersuchungen fest, dass die Stadt kein (ausschliesslich) materielles Phänomen ist, sondern dass sie insbesondre ein spezifisches, menschliches Geflecht und örtliches Gebilde aus sozialen Bezügen ist. Hier im Grundlagenfach Städtebau wollen wir uns jedoch weniger mit Städtebautheorien beschäftigen, sondern primär die physische, d.h. städtebauliche und stadtplanerische Seite des Phänomens und Begriffs „Stadt“ kennenlernen.
---
1: Park, Robert E.: The City: Suggestions for the Investigation of Human Behaviour in the Urban Environment; in: The American Journal of Sociology, Vol. 20, Nr. 5 (März 1915), S. 577 – 612 / Park, Robert E.: The City: Suggestions for the Investigation of Human Behaviour in the Urban Environment; in: Park, Robert E. / Burgess, Ernest W. / McKenzie, Roderick D.: The City; The University of Chicago, Chicago 1925 / Reprint 1984, S. 1