5.2 Exkurs 2: Stadt-Modell & Stadt-Wirklichkeit (Allg.Einf.-2)

STADT-MODELL & STADT-WIRKLICHKEIT

Der Zugang zu dem, was wir „Wirklichkeit” nennen, ist auf vielfältige Weise möglich. Dem Entwerfenden stellt sich dieses Problem gleich doppelt: Beim Erkennen dessen, was vorhanden ist und in der Vorstellung dessen, was zukünftig Wirklichkeit werden soll. Vor diesem Hintergrund bewegen sich „theoretische” Erörterungen und „praktische” Verwirklichung. Ob der unaufhörlichen Vielfältigkeit des Vorhandenen und der persönlichen Gebundenheit des entwerfenden Tuns wird es zur Notwendigkeit sich klar zu werden, wie der städtischen Wirklichkeit zu begegnen ist. Sei es, um sich als Handelndem Richtung und Ziel zu geben, sei es, um den Betroffenen und Mitarbeitenden Klarheit zu geben, damit sie daran ‒ korrigierend oder fördernd ‒ teilhaben können. Die jeweilige Vorstellung von Stadt und Architektur muss expliziert werden bzw. derjenige Ausschnitt inhaltlich erfasst und vermittelt werden, der untersucht und entworfen werden soll. Im Ergebnis stehen drei Bezugsrahmen nebeneinander:

  • Die erlebten „Stadt-Wirklichkeiten” unterschiedlicher Personen, wie sie erinnerlich bzw. gegenwärtig sind.
  • Das methodische „Stadt-Modell”, wie die erlebbare Wirklichkeit erfasst wird.
  • Das beschreibende „Stadt-Modell”, wie es durch die Analyseergebnisse dargestellt wird.

Diese Überlegungen zeigen, dass neben der Zieldiskussion auch erkenntnistheoretische Probleme bewältigt werden müssen. Dementsprechend sind Unstimmigkeiten zwischen erlebter Stadt-Wirklichkeit, methodischem und beschreibendem Stadt-Modell erklärlich und auch annehmbar. Als sehende, erkennende und entwerfende Architekten wissen wir, dass wir dem ständigen Diskurs und konzeptionellen Wechsel ausgeliefert sind. Vermutlich steckt darin aber auch die Faszination und die Freiheit, welche erst den Entwurf für das Zukünftige zulässt.

Anmerkung

aus: Brendle, Klaus: Vom Ganzen ins Kleine. Innerstädtische Freiraum-Planung für Lübz/ Mecklenburg. Exkurs 1;

in: Standort. Zeitschrift für Angewandte Geographie; Nr. 4, 1997, S. 25

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