2.1.1 Das Haus in der Stadt

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Da die meisten der Architekturstudierenden mit der klaren Zielvorstellung an die Hochschulen kommen, das „Häuser-Bauen“ zu erlernen, ist das Lehr- und Arbeitsgebiet „Städtebau“ oder „Stadtplanung“ zunächst eher ungewohnt und (nicht nur deswegen?) inhaltlich auch schwieriger zu vermitteln. Gewiss wurde inzwischen nach den ersten Semestern erlernt, dass Häuser nicht nur ausschliesslich ein Thema von Baumaterialen, Proportionen, Statik und einigem technischen Wissen ist, sondern dass Gebäude zu allererst bestimmt sind von vielerlei menschlichen Wünschen und funktionalen Anforderungen, die berücksichtigt und geplant sein wollen. Diese Erweiterung vom „handwerklichen“ zum sozio-funktionalen Verständnis von Architektur erfährt nun eine weitere „Dimension“ durch die Einbeziehung des vorhandenen stadträumlichen Umfelds. Architektur entsteht in einem bestehenden baulichen Kontext; „Entwerfen“ bedeutet immer '''Planen und Bauen im Bestand'''.
Da die meisten der Architekturstudierenden mit der klaren Zielvorstellung an die Hochschulen kommen, das „Häuser-Bauen“ zu erlernen, ist das Lehr- und Arbeitsgebiet „Städtebau“ oder „Stadtplanung“ zunächst eher ungewohnt und (nicht nur deswegen?) inhaltlich auch schwieriger zu vermitteln. Gewiss wurde inzwischen nach den ersten Semestern erlernt, dass Häuser nicht nur ausschliesslich ein Thema von Baumaterialen, Proportionen, Statik und einigem technischen Wissen ist, sondern dass Gebäude zu allererst bestimmt sind von vielerlei menschlichen Wünschen und funktionalen Anforderungen, die berücksichtigt und geplant sein wollen. Diese Erweiterung vom „handwerklichen“ zum sozio-funktionalen Verständnis von Architektur erfährt nun eine weitere „Dimension“ durch die Einbeziehung des vorhandenen stadträumlichen Umfelds. Architektur entsteht in einem bestehenden baulichen Kontext; „Entwerfen“ bedeutet immer '''Planen und Bauen im Bestand'''.


<loop_figure title="„Entsprechung“ von Naturraum, Kulturgesellschaft und Stadtarchitektur (Beziehungsschema)" description="" id="5eb2cc84d02f5">[[File:stadt_als_kultureller_handlungsraum.png|690px]]</loop_figure>
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Übertragen auf ein kleines Dorf oder eine Stadt finden wir ein Vielfaches an solch breiten sozialräumlichen Anforderungen, Planungserwartungen und vielerlei unterschiedlichste private „Wünsche“ und gesellschaftliche Forderungen. Die individuellen Zielvorstellungen ihrer Nutzer, die städtebaulichen Idealbildern der Planer und die Wunschbilder der Politiker sowie die zahlreichen bautechnologischen Bedingungen sollen alle integriert und wollen verwirklicht werden. Die Beziehungen zwischen dem gebauten Raum („'''Stadtarchitektur'''“) und dem sozialräumlichen Alltagsgeschehen („'''Stadtfunktion'''“) sind nicht immer zweckmässig und einvernehmlich. Naturräumliche Gegebenheiten („'''Naturraum'''“) und die eventuell widersprüchlichen  privaten wie öffentlichen Interessen müssen diskutiert, transformiert und hin zu realisierbaren Lösungen gebracht werden. Verkehrliche, baukulturelle, funktionale, ingenieurtechnische Planungen und Infrastrukturbauwerke wollen geordnet und aufeinander abgestimmt werden. Diese müssen zudem laufend angepasst und erneuert werden, weil neue Nutzungsanforderungen immer wieder hinzukommen und andere nicht mehr benötigt werden. Viele Vorhaben müssen zudem aufwendig, gesetzeskonform durch öffentliche Informationen vermittelt werden oder es sind gar aufwendige Partizipationsprozesse dafür erforderlich. Es wird deutlich, dass das einzelne, gebaute Haus hiervon vorbestimmt wird, und dass Architektur (im engeren Sinne gedacht) nur einen sichtbaren Teil dieser umfänglichen und komplexen '''sozialen Lebenswelt''' einer Ortschaft oder Stadt ausmacht.
Übertragen auf ein kleines Dorf oder eine Stadt finden wir ein Vielfaches an solch breiten sozialräumlichen Anforderungen, Planungserwartungen und vielerlei unterschiedlichste private „Wünsche“ und gesellschaftliche Forderungen. Die individuellen Zielvorstellungen ihrer Nutzer, die städtebaulichen Idealbildern der Planer und die Wunschbilder der Politiker sowie die zahlreichen bautechnologischen Bedingungen sollen alle integriert und wollen verwirklicht werden. Die Beziehungen zwischen dem gebauten Raum („'''Stadtarchitektur'''“) und dem sozialräumlichen Alltagsgeschehen („'''Stadtfunktion'''“) sind nicht immer zweckmässig und einvernehmlich. Naturräumliche Gegebenheiten („'''Naturraum'''“) und die eventuell widersprüchlichen  privaten wie öffentlichen Interessen müssen diskutiert, transformiert und hin zu realisierbaren Lösungen gebracht werden. Verkehrliche, baukulturelle, funktionale, ingenieurtechnische Planungen und Infrastrukturbauwerke wollen geordnet und aufeinander abgestimmt werden. Diese müssen zudem laufend angepasst und erneuert werden, weil neue Nutzungsanforderungen immer wieder hinzukommen und andere nicht mehr benötigt werden. Viele Vorhaben müssen zudem aufwendig, gesetzeskonform durch öffentliche Informationen vermittelt werden oder es sind gar aufwendige Partizipationsprozesse dafür erforderlich. Es wird deutlich, dass das einzelne, gebaute Haus hiervon vorbestimmt wird, und dass Architektur (im engeren Sinne gedacht) nur einen sichtbaren Teil dieser umfänglichen und komplexen '''sozialen Lebenswelt''' einer Ortschaft oder Stadt ausmacht.

Version vom 3. November 2020, 12:26 Uhr

Da die meisten der Architekturstudierenden mit der klaren Zielvorstellung an die Hochschulen kommen, das „Häuser-Bauen“ zu erlernen, ist das Lehr- und Arbeitsgebiet „Städtebau“ oder „Stadtplanung“ zunächst eher ungewohnt und (nicht nur deswegen?) inhaltlich auch schwieriger zu vermitteln. Gewiss wurde inzwischen nach den ersten Semestern erlernt, dass Häuser nicht nur ausschliesslich ein Thema von Baumaterialen, Proportionen, Statik und einigem technischen Wissen ist, sondern dass Gebäude zu allererst bestimmt sind von vielerlei menschlichen Wünschen und funktionalen Anforderungen, die berücksichtigt und geplant sein wollen. Diese Erweiterung vom „handwerklichen“ zum sozio-funktionalen Verständnis von Architektur erfährt nun eine weitere „Dimension“ durch die Einbeziehung des vorhandenen stadträumlichen Umfelds. Architektur entsteht in einem bestehenden baulichen Kontext; „Entwerfen“ bedeutet immer Planen und Bauen im Bestand.

Stadt als kultureller handlungsraum.png

Übertragen auf ein kleines Dorf oder eine Stadt finden wir ein Vielfaches an solch breiten sozialräumlichen Anforderungen, Planungserwartungen und vielerlei unterschiedlichste private „Wünsche“ und gesellschaftliche Forderungen. Die individuellen Zielvorstellungen ihrer Nutzer, die städtebaulichen Idealbildern der Planer und die Wunschbilder der Politiker sowie die zahlreichen bautechnologischen Bedingungen sollen alle integriert und wollen verwirklicht werden. Die Beziehungen zwischen dem gebauten Raum („Stadtarchitektur“) und dem sozialräumlichen Alltagsgeschehen („Stadtfunktion“) sind nicht immer zweckmässig und einvernehmlich. Naturräumliche Gegebenheiten („Naturraum“) und die eventuell widersprüchlichen privaten wie öffentlichen Interessen müssen diskutiert, transformiert und hin zu realisierbaren Lösungen gebracht werden. Verkehrliche, baukulturelle, funktionale, ingenieurtechnische Planungen und Infrastrukturbauwerke wollen geordnet und aufeinander abgestimmt werden. Diese müssen zudem laufend angepasst und erneuert werden, weil neue Nutzungsanforderungen immer wieder hinzukommen und andere nicht mehr benötigt werden. Viele Vorhaben müssen zudem aufwendig, gesetzeskonform durch öffentliche Informationen vermittelt werden oder es sind gar aufwendige Partizipationsprozesse dafür erforderlich. Es wird deutlich, dass das einzelne, gebaute Haus hiervon vorbestimmt wird, und dass Architektur (im engeren Sinne gedacht) nur einen sichtbaren Teil dieser umfänglichen und komplexen sozialen Lebenswelt einer Ortschaft oder Stadt ausmacht.